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Diese Woche habe ich das schwere Schicksal, mich auf dem Filmfest München und seinen zahlreichen Branchen-Veranstaltungen zu bewegen. Und damit leider weniger in Filmvorführungen als bei Branchen-Panels, Preisverleihungen und anderen Events.

Das Interessante und faszinierende an solchen einwöchigen Veranstaltungen ist, wie sich bei den verschiedenen Gruppen die unterschiedlichen Themen viral umsetzen und von was sie getrieben werden. Must see, must be und alles, was man verpasst haben könnte, bewegt die Communities. Und jeden Tag gibt es neue heiße Themen, von denen man zum Ende der langen Woche die meisten längst vergessen hat.

Bei den Film- und Fernsehproduzenten schlug etwa die Nachricht, dass der Bayerische Rundfunk ein Kassenloch von zehn Millionen Euro hat, wie eine Bombe ein. Schließlich wird jetzt an Aufträgen gespart, auch an solchen, die eigentlich schon quasi vergeben waren. Besser kann ein ARD-Sender seinen Sparwillen, der auch vielen anderen weht tut, nicht zeigen.
Ein Thema, das wie ein schwerer Schatten über gleich mehreren Veranstaltungen hängt, aber nie sehr offen angesprochen wird. Schließlich hat der BR bald wieder Geld – und wer will es sich schon mit einem wichtigen Partner verderben.

Offener wird die Desaster-Politik bei ProSiebenSat1. diskutiert. Für viele ist das Thema ein Beispiel für Maßlosigkeit und Dummheit von Finanz-Investoren. Mit Sparpolitik alleine, so der allgemeine Tenor, lässt sich weder ein Sender sanieren noch nach vorne an das Publikum bringen: Wer ein Entertainment-Haus wie eine Schraubenfabrik (nichts gegen diese Unternehmen) behandle, dürfe sich nicht wundern, wenn die Zuschauer bald nicht mehr wüssten, warum sie dort einschalten sollen. Mythos, Vision, Überhöhung statt Spar-DIN-Normen werden gefordert.

Sender, so die Fortsetzung dieser Kritik, bräuchten an ihren Spitzen Persönlichkeiten, die ihre Visionen sowohl nach innen als auch nach außen tragen würden. Da fallen mit nostalgischem Wehmut Namen wie Thoma oder Kofler, die auch Leben in jedes überflüssige Panel über die deutsche Medienlandschaft brachten. Entertainer eben, gerne mit Selbstdarsteller-Qualitäten, statt Programm-Controller.

Fehlen dürfen bei einem Filmfest in München auch keine Panels über die Befindlichkeit der Branche in Bayern und die Defizite der einstigen Filmhauptstadt Deutschlands. Das über Jahre entstandene virale Themen-Disaster wurde nun Partei-übergreifend angepackt.
Der Münchner OB sieht hier gefühlte Probleme, die er gekonnt mit der Statistik bekämpft. Demnach ist München, ein Aufatmen ging da durch die Reihen der Zuhörer, immer noch die deutsche Film- und Fernsehhauptstadt. Hat man sich früher über-, so würde man sich heute unterschätzen angesichts der regionalen Angstgegner von Berlin und NRW.

Doch ich schweife ab und langweile damit so manchen Leser, der erwartet mehr über die virale Eigendynamik von Veranstaltungen und Themen zu erfahren.

Interessant ist bei vielen Veranstaltungen, dass oft zahlreiche Nebenumstände einen starken Einfluss haben, wie Themen angenommen und in den einzelnen Communities weiter verarbeitet werden. Überhitzte Räume (deutsche Hausmeister sind wohl nie in der Lage Klimaanlagen entsprechend der Aufheizung der Räume durch Menschen anzupassen), schlampiges Catering, mangelhafte Moderation etc. können positive Erwartungen killen .... Natürlich auch schlechte Themen-Vorbereitung und Themen, die den Kern nicht treffen etc.
Da dies alles Dinge sind, die Veranstalter in der Hand haben, ist es verwunderlich, warum sie solche Negativ-Effekt-Auslöser nicht ausschalten.

Vergessen darf man bei einem Filmfestival natürlich nicht die Filme und jene, die darüber schreiben. Gerade von ihnen gehen virale Stimmungsimpulse aus. Da gibt es Tage, an denen nur über das Programm geschimpft wird, an anderen wird von Entdeckungen geschwärmt. Und alle, die es nicht in diesen einen, großartigen Film geschafft haben, glauben etwas verpasst zu haben. Das dürfte dann die virale Stimmung sein, die die Veranstalter besonders lieben. Denn wer hört schon gerne über seine Veranstaltung: "Da hast Du nichts verpasst."

Das darf man sich auch für das virale Marketing merken: Dinge, die wir angeblich verpasst haben, die treiben unsere Wünsche und unsere Sehnsüchte oft stärker, als das was wir erlebt haben oder besitzen.
 
Tag(s) : #Der tägliche Clash
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