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Jedes Medium, jede Entwicklung hat ihre Meister.

Das Kino war der Feind des Theaters und der Oper, das Fernsehen hat das Kino von nahezu einer Milliarde Zuschauer pro Jahr Anfang der 50er Jahre in Deutschland auf rund 130 Millionen gedrückt. Und jetzt verkündet Handelsblatt-Blogger Thomas Knüwer das Ende des Fernsehens durch das Internet, wo die wenigsten in den Sendern dies schon begriffen haben.

So ganz ernst hat man seine Provokation auf dem 
media coffee-Panel "Im Sog des Internets - Was bleibt übrig von Print, TV und Radio?" am Montag in München wohl nicht genommen. Schließlich leben wir in einem Land, in dem der öffentlich rechtliche Rundfunk jährlich sieben Milliarden Euro Programm-Beihilfe durch Staatsverträge erhält. Und die Privaten über die Werbung ähnlich hohe Einnahmen generieren.

Dennoch dürften Knüwers Argumente bei einigen Teilnehmern für Nachdenken gesorgt haben. Zumindest bei denen, die bei der Generierung ihrer Einnahmen den Verhältnissen des Marktes unterworfen sind.

Ein Hauptargument Knüwers ist dabei, dass jenseits von wenigen Live-Ereignissen wie Sport immer weniger Menschen bereit sein werden ihren Terminplan nach einem starren Sendeschema zu richten. Dies ist längst bei der jüngeren Online-Generation zu beobachten. Dort sind so feste Einteilungen wie 20 Uhr Tagesschau nicht mehr präsent, waren nie in den Köpfen angekommen. Das lineare Fernsehen stört die Freizeit. Unterhaltungsmedien, die hier Erfolg haben wollen, müssen spontan und non-linear einsetzbar sein. Und geprägt von den neuen Freiheiten des Internet dürften Trends, aber auch neue Verhaltensweisen genau dorthin laufen.

Ich würde Knüwer insoweit zustimmen geben, dass wir uns schon mitten in einem Wandel befinden, der allerdings die älteren Altersgruppen, die nie etwas anderes als lineare Fernseh-Unterhaltung und Programme kannten, noch nicht erfasst hat. Bei diesen Gruppen kann das traditionelle Fernsehen auf die Trägheit der Masse, auf eingeschliffene Gewohnheiten setzen.
Doch jüngere Gruppen, die längst ihren Medien- und Entertainment-Kosum aus dem Internet beziehen, gehen heute schon anders mit dem Fernsehen um. Durch neue. mobile Geräte dürfte sich dieser Trend noch verstärken.

Wenn man sich bewusst macht, was dieses Szenario für Fernsehveranstalter, Content-Produzenten und Werber bedeutet, ist das klassische Fernsehen tatsächlich ein Auslaufmodell. Allerdings glaube ich nicht, dass künftig jeder ganz individuell sich die Mühe machen will, sein Programm zusammen zu stellen. Intelligente Programm-Guides dürften künftig diese Arbeit übernehmen und zugleich die Werbung auch individueller auf den Abrufer zuschneiden, falls dieser nicht bereit ist Abrufe andersweitig abzugelten.

Eine der großen Herausforderungen wird allerdings die Kommunikation von Filmen, Reihen und Beiträgen zu den Zielgruppen sein. Möglicherweise werden sich dann noch viel stärker solche viralen Effekte wie bei YouTube durchsetzen.

Wie wenig diese Herausforderung oder besser gesagt die Realität angekommen ist, erlebte man dann einen Tag nach dem media coffee-Panel an gleichen Ort zur gleichen Stunde. Die CSU hatte anlässlich ihrer Mediennacht 2008 zur Diskussion über "Werte in den Medien – Muster ohne Wert?" geladen, die sich vor allem mit den Werten in den klassischen Medien und deren Erziehungs- und Vorbildfunktion auseinander setzte. Als Buh-Dschungel-Camp-Frau war Anke Schäferkordt von RTL geladen, was es bequem machte die "unkontrollierbare" Chimäre Internet in dem Gespräch zwischen den Vertretern der klassischen Medien weitgehend auszublenden. Doch gerade die Auswirkungen des Internet auf die Gesellschaft, auf ihre Werte und wie sich diese im Netz widerspiegeln oder verändern, wäre interessant gewesen.


 
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